Antreten zum Spießrutenlauf (Kopie 1)

Bald haben Stammtische und Online-Foren wieder Gesprächsstoff. Voraussichtlich im Mai kann jedermann im Internet nachlesen, wie viele „Agrarsubventionen“ die Bauern in der Nachbarschaft oder wo auch immer bekommen haben.

Dann beginnt für die Landwirte der Spießrutenlauf.

Was in Deutschland sonst als Tabu gilt, nämlich Einkünfte offenzulegen, wird für die Landwirtschaft zum Regelfall. Das hatten wir vor ein paar Jahren schon einmal. Allein für Kleinbauern mit bis zu 1250 € Direktzahlungen pro Jahr soll es eine Ausnahme geben.

Transparenz ist das Zauberwort, das im Zusammenhang mit Flächenprämien und anderen Förderinstrumenten immer wieder genannt wird. Die Öffentlichkeit soll wissen, was oder wer mit dem Geld der Steuerzahler finanziert wird. Dagegen wäre nichts zu sagen – wenn Transparenz in dieser extremen Form auch für andere Wirtschaftszweige gelten würde. Außerhalb der Landwirtschaft an unternehmens- oder gar personenbezogene Daten zu Beihilfen und Unterstützungsleistungen heranzukommen, ist aber entweder sehr schwierig oder unmöglich.

Die Direktzahlungen der EU an deutsche Landwirte beliefen sich 2013 auf etwa 5,24 Mrd. €. Gerade dieses Geld ist für die meisten Betriebe unverzichtbar. Es macht oft die Hälfte des Gewinns aus, und im laufenden Wirtschaftsjahr mit eher miesen Aussichten kommt es erst recht auf jeden Euro an. Wir reden nicht über „Spielgeld“.

Niemand muss sich schämen, weil er Geld aus dem EU-Haushalt bekommt. Bauern und ihre Familien erbringen gewaltige Leistungen für die Versorgung der Mitmenschen mit Nahrungsmitteln und Energie, für die Landschaft und den Erhalt der ländlichen Infrastruktur. Da muss man sich nicht verstecken. Nötig ist aber eine saubere Erläuterung, warum die Zahlungen gebraucht und wofür sie verwendet werden. Die bloße Nennung von Namen und Summen hilft da gar nicht.

Dem einzelnen Landwirt fällt es oft schwer, sich der Angriffe neidischer Mitbürger oder landwirtschaftsfeindlicher Gruppierungen zu erwehren. Bauernfamilien, deren private Daten an die Öffentlichkeit gezerrt werden, stehen unvermittelt unter Druck. Doch vielleicht geht es ja mit der neuen Publizität genau wie vor einigen Jahren: 2010 mussten die Namen und Anschriften der Empfänger wieder aus dem Netz genommen werden. Damals hatten Bauern wegen Verletzung des Datenschutzes geklagt. Nachahmenswert!