Landwirte unterrichten

Mit dem Agrarstudium lässt sich auch eine Laufbahn als Lehrer einschlagen. An Fach- und Berufsschulen lehren viele Seiteneinsteiger. Die Uni in Bonn bietet mittlerweile den Schwerpunkt Lehramt Agrar an.

Mit dem Agrarstudium lässt sich auch eine Laufbahn als Lehrer einschlagen. An Fach- und Berufsschulen lehren viele Seiteneinsteiger. Die Uni in Bonn bietet mittlerweile den Schwerpunkt Lehramt Agrar an.

Nach dem Agrarstudium arbeiten viele Absolventen im vor- und nachgelagerten Bereich, übernehmen den elterlichen Hof oder widmen sich der Forschung. Doch es gibt noch einen weiteren Karrierezweig: das Lehramt an Berufsschulen und Fachschulen der Agrarwirtschaft. Die Perspektive in dieser beruflichen Nische ist gut. Das betonen der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Bundesverband Landwirtschaftliche Fachbildung (vlf).

In Zukunft gehen viele Lehrer in den Ruhestand, die Schülerzahlen bleiben aber sowohl an den Berufsschulen als auch an den Fachschulen mittelfristig konstant. Aktuell gibt es in NRW zwei Wege ins Lehramt: per Seiteneinstieg nach dem Agrarstudium oder mit einer Spezialisierung bereits während des Studiums.

Seiteneinstieg ins Lehramt

Brigitta Hanebrink bereitete es schon immer viel Freude, Wissen zu vermitteln. Die Diplom-Agraringenieurin gab während des Studiums an der Universität in Bonn Nachhilfe und leitete Tutorien für jüngere Studierende. Damals schwankte die gebürtige Kölnerin, ob sie nicht doch ein klassisches Lehramtsstudium beginnen sollte.

Heute ist die 30-Jährige tatsächlich Lehrerin, aber das mit einem Agrardiplom in der Tasche. An der Fachschule für Agrarwirtschaft in Münster-Wolbeck unterrichtet sie Pflanzenbau und Englisch. Ihr gelang der Weg ins Lehramt über den Seiteneinstieg. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums der Agrarwissenschaft kam ihr wieder die Lehrertätigkeit in den Sinn.

Sie erkundigte sich bei der Landwirtschaftskammer NRW, wie man Lehrer an der Fachschule wird: Um für das Referendariat zugelassen zu werden, sind in NRW neben einem abgeschlossenen Master-Studium der Agrarwissenschaft an einer Universität – der Fachhochschulabschluss zählt nicht – zwei Jahre nachgewiesene Berufserfahrung erforderlich. Brigitta Hanebrink hatte schon ein halbes Jahr als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni in Bonn gearbeitet. Die restlichen anderthalb Jahre vertrat sie eine erkrankte Lehrerin an der Fachschule Münster-Wolbeck. So unterrichtete sie schon vor dem eigentlichen Referendariat angehende Agrarbetriebswirte im Fach Pflanzenbau.

„Das war ein Sprung ins kalte Wasser“, gesteht Brigitta Hanebrink. Sie musste den Stoff im Pflanzenbau so aufbereiten, dass er auch für Praktiker taugt und nicht so theoretisch wie an der Hochschule ist. Ihre Kollegen standen ihr mit Rat und Tat zur Seite. Beim Referendariat im Seiteneinstieg – wie die offizielle Bezeichnung lautet – gab Brigitta Hanebrink an vier Tagen der Woche Unterricht. Einen Tag pro Woche besuchte sie das Seminar am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung, um mehr über Pädagogik zu lernen. Hinzu kamen mehrere Unterrichtsbesuche seitens der Schulbehörde.

Vor und während des Referendariates hatte Brigitta Hanebrink eine volle Stelle, die nach dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder (TVL) 13 vergütet wurde. Das sind knapp 3000 € brutto im Monat. Seit Herbst 2014 ist sie vollwertige Lehrerin und seit ein paar Wochen auch verbeamtet. Das Gehalt in der Besoldungsstufe A 13 sei gut, aber als Agraringenieur in der Agrarbranche verdiene man nach ein paar Jahren mehr, vermutet sie.

Selbst Mentorin

Mittlerweile betreut Brigitta Hanebrink selbst als Mentorin einen Referendar. Ihrem Schützling rät sie, als Lehrer nicht zu perfektionistisch zu sein. „Manchmal müssen auch 80 % reichen. Sonst gehst du vor lauter Arbeit unter.“ Sie entkräftet das Vorurteil, dass Lehrer vormittags Recht und nachmittags frei haben. Arbeit fällt auch nach dem Unterricht an. Sie bereitet die Stunden vor, korrigiert Klausuren, organisiert Klassenfahrten und löst mit den Schülern einzelbetriebliche Fragen.

Auch müsse der Umgang mit Menschen Interessenten liegen und das umgangssprachliche dicke Fell gehöre zum Job. „Der Druck durch die Schüler ist anders als durch Schweine.“ Da muss man auch mal eine Diskussion aushalten können.

Als Lehrerin ist sie durch die Schüler sehr nah an den alltäglichen Herausforderungen auf den Höfen. Daher empfiehlt Brigitta Hanebrink angehenden Kollegen Erfahrung in der praktischen Landwirtschaft zu haben – entweder durch Praktika oder eine landwirtschaftliche Ausbildung.

Aus Schüler wird Lehrer

Dominik Schelle aus Sundern-Meikenbracht hat selbst die Fachschule besucht. Mittlerweile studiert der gelernte Landwirt im dritten Semester an der Universität in Bonn Agrarwissenschaften. Während der Fachschulzeit setzte er sich mit der wirtschaftlichen Lage des elterlichen Betriebes auseinander. Der Rentabilität des Milchviehbetriebes stand er skeptisch gegenüber.

Gleichzeitig merkte Dominik Schelle, dass er selbst gern junge Landwirte unterrichten möchte. Deshalb wählte er die Spezialisierung „Agrarwissenschaft für das Lehramt an Berufskollegs“. Diese Richtung gibt es seit 2011 an der landwirtschaftlichen Fakultät in Bonn. Neben den klassischen Vorlesungen im Pflanzenbau, der Tierzucht und der Betriebslehre, die der 23-Jährige gemeinsam mit den anderen Agrarstudierenden besucht, hat er vom ersten Semester an auch Veranstaltungen in den Bildungswissenschaften.

In den vergangenen Semesterferien absolvierte er an seiner alten Fachschule in Meschede sein Orientierungspraktikum. Es ist eins der zwei Pflichtpraktika im Bachelorstudium. Das zweite Berufsfeldpraktikum kann auch außerhalb der Schule stattfinden, damit der Studierende in weitere mögliche Berufe hineinschnuppert.

Während der vier Wochen als Praktikant durfte Dominik Schelle selbst eigene Sequenzen – das ist ungefähr eine Unterrichtsstunde – vorbereiten. Gemeinsam mit der Unteren Klasse der Fachschule erarbeitete er zum Beispiel den Unterschied zwischen einer GmbH und einer GbR.

Für ihn die ideale Zeit, um zu merken, wie es ist, alleine vor der Klasse zu stehen. „Es fühlt sich gut an, wenn die Schüler motiviert mitziehen“, sagte Dominik Schelle zu dem „Frontenwechsel“. Ihn reizt vor allem, dass er mit dem Lehramt Theorie und Praxis verbinden kann. Ständig steht er im Unterricht im Kontakt mit den Praktikern.

Dabei mochte er es schon immer, Menschen die Landwirtschaft näherzubringen. „Den Gästen in unseren Ferienwohnungen zeige ich schon seit meiner Jugend den Hof.“ Dem elterlichen Betrieb ist er nach wie vor verbunden. Gemeinsam mit seinem Vater hat Dominik Schelle ihn von Milchvieh auf Jungtieraufzucht umgestellt. Ihn möchte er später im Nebenerwerb weiterführen. Nach dem Bachelorstudium schließt sich das Masterstudium an. Dann muss er sich entscheiden, ob er den Master of Science oder den Master of Education für angehende Lehrer macht. Aber bis dahin hat der Sauerländer noch ein wenig Zeit. pat