"Hintern hoch – Mund auf"

Niemand ist in der Diskussion um moderne Landwirtschaft so glaubwürdig wie die einzelnen Landwirte. Deshalb fordern Experten ihren Einsatz, ihre Offenheit und Gelassenheit. Auch kleine Aktionen helfen.

Viel zu lange wurde dem Verbraucher eine idyllische Welt vorgegaukelt, die nicht der Realität entspricht. Diese und weitere Ursachen für die Image-Probleme der Landwirtschaft diskutierten Experten vergangenen Montag in Wesel mit rund 80 Junglandwirten auf einer Veranstaltung der AgriV Raiffeisen EG (Agrar im Verbund).

Doppelte Moral

Vier geladene Redner, darunter auch der für seinen „Wutbrief an die Verbraucher“ bekannte Bauer Willi, analysierten die Probleme der Branche und gaben den Junglandwirten Lösungsansätze mit.

Ein Problem sei die Doppelmoral der Gesellschaft, so Krisenmanager Ulrich Nöhle. Die Menschen hätten höchste Ansprüche an andere, lebten aber selbst nach lockeren Maßstäben. Sie fordern ein Ende der konventionellen Nutztierhaltung, kaufen aber ein Billig-Hühnchen für 2,49 €.

Zu viel Idylle, zu wenig Aufklärung

Außerdem müssten die Landwirte endlich offen sagen, dass sich die Landwirtschaft verändert und technisiert hat. Und dass dies auch nötig ist, wenn man Hochrechnungen zufolge bald 9 Milliarden Menschen ernähren möchte. Die idyllische Vorstellung, die über Jahre in den Köpfen der Menschen platziert wurde, müsse durch das reale Bild ersetzt werden.

Vorzeigbarkeit ist A und O

Die einzige Möglichkeit einer dauerhaften Imageänderung ist laut Prof. Nöhle die richtige Kommunikation: jeder Landwirt müsse offen und realistisch die Landwirtschaft repräsentieren. Dazu gehörten gut organisierte, vorzeigbare Prozesse. Ulrich Nöhle appellierte an die Jungbauern: „Wenn Sie feststellen, dass etwas bei Ihnen zuhause nicht kommunizierbar ist, ändern Sie es! Warten Sie nicht, bis jemand mit einer Kamera kommt und einen Skandal daraus macht!“

Klein, aber oho!

Öffentlichkeitsarbeit fange im Kleinen an. Schon ein eigenes Facebook-Profil und das Gespräch mit den Nachbarn könne viel erreichen. Auch die Landwirtschaft diffamierende Leserbriefe könne jeder beantworten und richtig stellen, so die Redner. Agrarjournalist Hermann Steffen gab den im Saal anwesenden Junglandwirten praktische Tipps, wie man einen Leserbrief formulieren kann. Eva Piepenbrock

Tipps zum Verfassen eines Leserbriefes und weitere Infos über die Veranstaltung in Wesel lesen Sie im Wochenblatt Ausgabe 42.