Kreislandfrauentag Soest

"Wir sind eine Gesellschaft mit Doppelmoral"

Landwirte hören immer wieder, dass sie kommunizieren müssen. Aber selten finden Referenten so deutliche Worte, wie sie Krisenkommunikator Prof. Dr. Ulrich Nöhle beim Kreislandfrauentag in Soest formulierte.

Die machen Sie zur Sau“ und „Wir sind eine Gesellschaft mit doppelter Moral“, sind Sätze von Prof. Dr. Ulrich Nöhle. Seine Arbeit beginnt, wenn der Skandal bei Unternehmen an die Haustür klopft. Nöhle aus dem niedersächsischen Otterndorf, Kreis Cuxhaven, ist staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker, aber auch Sachverständiger und Krisenkommunikator. Am vergangenen Samstag war Ulrich Nöhle der Hauptreferent auf dem Kreislandfrauentag in Soest.

Kundebung am 4. April in Münster

240 Gäste waren in der Schützenhalle Ense. Zur Begrüßung sagte Martina Schäfermeier aus dem Vorstandsteam: "Wir wünschen uns, dass die Gesellschaft nicht über Landwirte, sondern mit uns spricht." Dann wies sie auf die Kundgebung hin, zu der der Westfälisch-Lippische und der Rheinische Landwirtschaftsverband am 4. April nach Münster einladen, und rief zu Teilnahme auf. Auf dem Domplatz wollen die Landwirte die Öffentlichkeit auf die Eixstenzängste aufmerksam machen. 3000 Landwirte aus NRW, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz werden erwartet. Schäfermeier wandte sich an den Referenten. "Wie könne Landwirte am besten argumentieren?"

"Die machen Sie zur Sau"

Prof. Ulrich Nöhle, Krisenkommunikator (Bildquelle: Noehle)

„Ein Landwirt, der nicht kommuniziert, macht sich per se verdächtig“, sagte Ulrich Nöhle. Die Konsequenz schoss er hinterher: „Die machen Sie sonst zu Sau.“ – „Die“ sind neue Medien wie YouTube, Twitter oder Facebook , in denen Tier-, Verbraucher- und Umweltschützer rasant ihre Erwartungen, Meinungen und Inhalte darüber, wie Landwirtschaft heute sein sollte, verbreiten. Der Endverbraucher, der diese Botschaften ungefiltert aufnimmt, unterscheidet nicht mehr zwischen träumerischer Idealvorstellung und Wirklichkeit in der heutigen modernen Landwirtschaft. Der Grund ist die Doppelmoral: „Wir wollen alle zurück zur Natur – nur nicht zu Fuß. Alle würden für mehr Tierwohl auch mehr zahlen, kaufen aber beim Discounter“, so Nöhle. Da fühlen sich Landwirte machtlos.

Kein Skandal, kein Traum, sondern der Normalfall

„Es tut mir leid, Ihnen das zu sagen: Sie müssen Öffentlichkeitsarbeit betreiben“, legte der Kommunikator nach. Sein Rat:

  • Sie müssen über den Normalfall sprechen. Dass beispielsweise Tierverluste normal und keine Rechtsverstöße sind. Das war zu Omas Zeiten auch so.
  • Laden Sie Schulklassen, Lehrer und Journalisten auf ihre Höfe ein, veranstalten Sie qualifizierte Hofführungen und keine Streichelzoos, entwerfen Sie Faktenblätter zur heutigen Tier- und Pflanzenproduktion, stellen Sie Videos online, transportieren Sie Informationen zu Ihrer Produktion als QR-Codes.
  • Packen Sie kritische Themen an. Sprechen Sie über das Veröden der Hornanlagen, Spaltenböden, Antibiotika, Lebenszeit der Kuh/des Schweins/des Huhns.

Die Botschaft war am Ende klar: Reden Sie über das, was Sie tun, bevor andere über Sie reden.

Bunter Hühnerstall und kein Patenrezept

Hingucker: In den aufgestellten Birkenzweigen hingen selbstgenänte bunte Stoffhühner. (Bildquelle: Kopf)

Das Referat war ziemlich deutlich und eindringlich, aber es war nicht der einzige Impuls, den die Gäste mit nach Hause nehmen konnten. Sie konnten auch Eindrücke von der hübsch dekorierten Festhalle mitnehmen. Heike Schlösser und ihr Team vom Ortsverband Ense, das sich in rosa Poloshirts geschmissen hatte, hatten die Schützenhalle in Ense-Bremen in einen bunten Hühnerstall verwandelt. Es standen sogar lebendige Hühner mit einem Käfig auf der Bühne und haben in der Streu gescharrt. "Sie kennen Tubel, da sie oft auf Tierschauen sind", kommentierte Heike Schlösser.

Anstelle von Grußworten gab es eine gemeinsame Runde mit den Grußwortrednern. (Bildquelle: Albersmeier)

In diesem bunten Treiben diskutierten die Grußwortredner (Foto von links) Gerhard Humpert, Brudermeister Schützenverein Ense-Bremen, Anne Bühner, Kreisvorstand WLLV Kreis Soest, Kreislandrätin Eva Irrgang, stellvertretender Vorsitzender WLV Kreisverband Soest, Andreas König, Ellen Kloke, Vorstand, Alzheimer-Gesellschaft Soest, Kornelia Wegener, Bezirksvorsitzende Ostwestfalen-Lippe WLLV Präsidium Brennpunkte des ländlichen Raums: Anfeindungen von Landwirten durch Zugezogene, die Sicherung der medizinischen Versorgung, Plastik, Sorgen um das Ehrenamt. Patenrezepte zur Lösung der Probleme lieferte niemand. Doch es gebe Hoffnung, wenn Leute bereit sind, das Gespräch zu suchen, lassen sich Probleme anpacken und lösen, so der Tenor.

Ein überraschender Geldregen

Scheckübergabe: Die 22 Ortsverbände in Soest haben 2750 € gesammelt. Das Geld geht an Alzheimerkranke. (Bildquelle: Albersmeier)

Dann gab es eine Überraschung. Über einen Scheck in Höhe von 2750 € freuten sich Ortwin Vogt (links) und Ellen Kloke (rechts) vom Vorstand Alzheimer-Gesellschaft Soest. Martina Schäfermeier, Rita Leßmann-Kind, Anne Bühner (von links), Vorstand WLLV Kreis Soest überreichten die Spende. Das Geld hatten die 22 Ortsverbände gesammelt.