Meisterin des feinen Strichs

Verena Redmann ist eine der wenigen botanischen Malerinnen in Deutschland. Die international ausgezeichnete Künstlerin porträtiert am liebsten alte Gemüsesorten und Früchte. Ihre Maltechnik lässt staunen.

Zwei Schreibtischlampen, ein frischer Zweig mit knallroten Chilischoten auf dem offenen Skizzenbuch, daneben griffbereit die Lupe und rundherum Stifte in allen Farben: Willkommen am Arbeitsplatz von Verena Redmann. Die Utensilien gehören einer Künstlerin, die die kleinen Dinge liebt: Schoten, Samenkerne, Blattadern, Wurzelspitzen. Jeden Millimeter nimmt die Malerin in Augenschein, wenn sie eine Pflanze zeichnet.

Erst fühlen, dann zeichnen

Auch jetzt sitzt sie am Tisch und studiert die Verästelungen der Chilizweige, prägt sich die Lage der Früchte zueinander ein. „Es dauert einige Zeit, bis ich mit einem Objekt vertraut werde. Dazu gehört, dass ich es zu unterschiedlichen Zeiten immer wieder anschaue und anfasse“, sagt die Malerin, die in Nottuln im Kreis Coesfeld zu Hause ist.

Plastische Zeichnungen

Botanische Kunst, wie Verena Redmann sie versteht, will dem Besonderen einer Pflanze auf die Spur kommen und zugleich das Typische ihrer Art oder Sorte zeigen. Bleistiftskizzen sind da nur der Anfang. Verena Redmanns Metier ist die Farbstiftzeichnung. Ihre Porträts von Zwiebeln, Bohnen, Rüben, Äpfeln und Holunderzweigen wirken plastisch bis in die kleinste sichtbare Faser. Sie treffen die natürlichen Farbnuancen in einer Perfektion, die der Künstlerin aus dem Münsterland internationales Ansehen einbringt.

Bis zu 30 Farbschichten

Während die meisten botanischen Maler zu Pinsel und Farbe greifen, um den Pflanzen Leben einzuhauchen, entschied sich Verena Redmann für Farbstifte. Sie beherrscht diese Technik wie nur wenige andere botanische Maler. Eine üppige Auswahl an Farbstiften – darunter allein 30 Rottöne – steht in Bechern und Gläsern auf dem Maltisch parat. Andere warten in Kästchen mit japanischen Schriftzeichen auf ihren Einsatz. Daneben: eine Garnison von Anspitzern. Nur ein feiner Strich ist ein guter Strich.

Farblegende erstellen

Um den Farbton für Blätter, Blüten oder Stiele zu finden, braucht die Malerin Geduld und viele Versuche, die sie auf Entwurfpapier dokumentiert. „Ich trage 20 bis 30 Farbschichten übereinander auf, um die Maserung einer Apfelschale darzustellen oder die samtene Oberfläche einer Bohne abzubilden“, erklärt sie. Im Skizzenbuch vermerkt sie die Nummern der verwendeten Stifte und malt ein Farbfeld dazu, bis die Farblegende ausgearbeitet ist.

Zeichnen ja, gärtnern nein

Anders als die Malerei entwickelte sich das Gärtnern bei ihr aber nicht zur Leidenschaft. Die drei kleinen Gemüsebeete in ihrem Reihenhausgarten sind das Mittel zum Zweck. Sie liefern Anschauungsmaterial zum Zeichnen.

Ausstellungen

Im Münsterland stellt Verena Redmann ihre Bilder hin und wieder aus. Regelmäßig sind ihre Werke dagegen in Unterfranken zu sehen, in der einzigen Galerie Deutschlands, die sich auf botanische Kunst spezialisiert hat. „Das Interesse an unserer Kunst steigt, aber es darf gern noch mehr werden“, wünscht sich die Malerin. Brigitte Laarmann