Interview: Wie funktioniert Dauergrabpflege?

Wenn Angehörige eine Grabstätte fachmännisch bepflanzen und instand halten lassen möchten, engagieren sie einen Friedhofsgärtner. Wir haben bei einer regionalen Gesellschaft für Dauergrabpflege nachgefragt, wie sie arbeitet.

Wochenblatt: Herr Harbaum, was bringt Kunden dazu, viel Geld für etwas zu bezahlen, das sie in der Regel selbst nicht mehr genießen werden?

Harbaum: Den meisten unserer rund 45 000 Kunden ist es wichtig, dass ihre Grabstätte nach ihren Wünschen gestaltet und gepflegt wird. Ins Blickfeld rückt inzwischen auch das Umfeld der eigenen Grabstätte, weil auf vielen Friedhöfen durch mangelnde Belegung unschöne Brachen entstehen. Um das zu vermeiden, bieten etliche Friedhofsgärtner für Dauergrabpflege-Interessenten Gemeinschaftsgrabanlagen an, die als Ganzes gestaltet und instand gehalten werden.

Wochenblatt: Ist Dauergrabpflege eher ein Thema in der Stadt als auf dem Land?

Harbaum: In großen Städten mit mehreren Friedhöfen werden natürlich mehr Dauergrabpflege-Verträge abgeschlossen als in dünn besiedelten Regionen. Rechnet man die Zahl der Verträge auf die Einwohner um, tauchen auch ländliche Regionen auf, aus denen vermehrt junge Leute wegziehen, zum Beispiel der Hochsauerlandkreis.

Wochenblatt: Ob auf den Grabstätten Ihrer Kunden Begonien oder Fleißige Lieschen gepflanzt werden, entscheiden aber nicht Sie?

Harbaum: Nein, alle gestalterischen Fragen und den gewünschten Umfang der Grabpflege klärt jeder Kunde vor Ort mit seinem Friedhofsgärtner. Dieser erstellt ein Angebot und berechnet die Kosten für die gewünschte Laufzeit des Pflegevertrages. Der Kunde ist dabei nicht an einen bestimmten Friedhofsgärtner gebunden. Er kann sich von verschiedenen Betrieben Angebote einholen. Erst wenn er einem Angebot zustimmt, wird die finanzielle Abwicklung in einem Treuhandvertrag mit der Gesellschaft für Dauergrabpflege geregelt.

Wochenblatt: Um was geht es in dem Treuhandvertrag?

Harbaum: Mit diesem Vertrag treten wir als Treuhänder der vertraglichen Beziehung zwischen Kunde und Friedhofsgärtner bei. Wir verwalten die vom Kunden für die Grabpflege eingezahlten Gelder, bezahlen damit die vertraglich festgelegten Leistungen des Friedhofsgärtners und kontrollieren dessen Arbeit.

Wochenblatt: Wie legen Sie die eingezahlten Gelder an?

Harbaum: In unserem Vertrag steht, dass wir die Gelder mündelsicher anlegen müssen. Das bedeutet: Wir verwalten die Finanzen so wie ein Vormund das Vermögen des ihm anvertrauten Mündels. Im Vordergrund steht dabei nicht die Rendite, sondern die Sicherheit und möglichst der Ausgleich des Vermögensverlustes durch Inflation.

Wochenblatt: Wie kontrollieren Sie die Friedhofsgärtner?

Harbaum: Dafür haben wir angestellte Mitarbeiter, die die Grabstätten besuchen und prüfen, ob die vertraglich zugesagte Leistung erbracht wurde. Das dokumentieren wird durch Berichte und Fotos.

Wochenblatt: Und von welchem Geld finanzieren Sie die Kontrolleure und Ihre Geschäftsstelle?

Harbaum: Bei Abschluss eines Treuhandvertrages zahlt jeder Kunde einmalig 5% seiner eingezahlten Treuhandsumme als Verwaltungsgebühr an uns.

Wochenblatt: Gibt es in NRW weitere Dauergrabpflege-Gesellschaften?

Harbaum: Ja, es gibt neun berufsständische Einrichtungen unserer Art. Außer uns gibt es die Rheinische Treuhandgesellschaft für Grabpflege sowie Friedhofsgärtner-Genossenschaften in Dortmund, Gelsenkirchen, Bochum, Bonn, Aachen, Köln und Düsseldorf. La

Das Interview führten wir mit Ralf Harbaum, dem Geschäftsführer der Gesellschaft für Dauergrabpflege Westfalen-Lippe in Dortmund. In Wochenblatt Ausgabe 48/2015 finden Sie weitere Informationen zum Thema Gradpflege auf den Seiten 88-89.