Hofnachfolgerin werden: Ja oder Nein?

Wer als Frau als einzige für die Hofnachfolge infrage kommt, hat eine weitreichende Entscheidung für sich und den Betrieb zu fällen.

Wie ist es für eine Frau in die Landwirtschaft hineingeboren zu werden und die Kandidatin für die Hofnachfolge zu sein? Wie schwer ist es, bei der moralischen Verpflichtung eigene Wege zu gehen? Welchen Druck spüren Frauen damals wie heute? Zwei Frauen aus zwei Generationen schildern, wie diese Erwartung ihr Leben geprägt hat.

„Du bleibst später auf dem Hof.“ Das hatten die Eltern von Margarete Graumann-Wilms für sie als Zweitälteste von vier Schwestern bestimmt. Es war deren Wille, dass sie nach der landwirtschaftlichen Ausbildung den Hof in der Soester Börde übernimmt.

Ähnlich wie der heute 70-Jährigen ging es vielen Frauen ihrer Generation auf den Höfen. „In die Landwirtschaft wird man hineinge­boren“, kommentiert sie. Je älter sie wurde, umso mehr Pflichten gab es und umso stärker wurde der Druck. „Als Kind nach der Schule Kühe holen, die Pferde führen, die Kartoffeln vom Acker sammeln, Zuckerrüben vereinzeln – das war die harte Welt des Bauernhofes und alles andere als romantisch“, erinnert sich die gelernte Landwirtin.

Aus dieser Welt ausbrechen

Eben aus dieser Welt wollte sie ausbrechen und ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen. Mit 24 Jahren hängte sie gegen den Willen der Eltern die aktive Landwirtschaft an den Nagel, auch wenn es ihr nicht leichtfiel. „Das ist ein toller Beruf. Aber wenn ich rund um die Uhr nur schwer arbeite und dafür jahrelang kein Geld verdien und die Eltern keinen Pfennig in meine Alterssicherung gegeben hatten, dann musste ich aussteigen.“

Die richtige Entscheidung

Margarete Graumann-Wilms hat dann ein Studium absolviert und später als Lehrerin gearbeitet. Im Nachhinein sagt sie, war es unter den damaligen Umständen richtig. Ob sie sich heute als junge Frau für den Hof entscheiden würde? Ja, denn Landwirt ist für sie ein Traumberuf, sofern er Geld einbringt. Doch ein Wermutstropfen bleibt. „Wenn es auch nicht die Arbeit ist, sind es heute die strengen politischen Rahmenbedingungen und der Preisdruck am Markt, die es schwer machen, den Beruf mit Leidenschaft auszuüben“, unterstreicht sie. „Ich wünsche mir, dass viele junge Landwirte weiterhin ihre Lebenschance in der Landwirtschaft finden können.“

Die heutige Generation

In Erfüllung ging dieser Wunsch für Andrea Zimmermann. Die 43-jährige Diplom-Agraringenieurin aus Kreuztal-Stendenbach im Siegerland hat den elterlichen Hof übernommen, einiges nach ihren Vorstellungen verändert und auf ihre Lebenssituation zugeschnitten. So ist der Betrieb seit 2009 Bioland-zertifiziert und anstelle von Holstein-Friesians grasen nun 90 Angus-Fleischrinder, davon 40 Mutterkühe, auf den Weiden.

Als Bauerntochter geboren?

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Dabei war der Weg auf den Hof für sie nicht vorgezeichnet. Nach dem Abitur hatte sie den Weg in die sozialen und künstlerischen Berufe eingeschlagen. Aber weder Erzieherin, Goldschmiedin noch Logopädin waren das Richtige. Mit 20 Jahren beschloss Andrea Zimmermann schließlich, an der Universität Bonn Agrarwissenschaften zu studieren.

Wie geht es mit dem Hof weiter?

Nach dem Studium stieg sie 1999 bei der früheren Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft ins Berufsleben ein. Ihre Karriere in dem Unternehmen beendete sie 2005.

Diese Entscheidung hing mit dem elterlichen Betrieb im Siegerland zusammen. „Die Zukunft des Hofes lag mir am Herzen“, berichtet Andrea Zimmermann. Ihre Eltern brauchten Planungssicherheit und Unterstützung bei Investitionsentscheidungen. Damit war klar, dass es für sie von Bonn nach Kreuztal auf den Eichenhof ging.Sie übernahm den Hof mit 60 Milchkühen, 85 ha Grünland und 11 ha Wald.

Veränderungen waren nötig

Eines stand dabei für sie fest: Der Hof muss umgestaltet werden. Daran war nicht nur der miserable Milchpreis von 27 Cent/kg schuld, sondern auch die Arbeitsbelastung und die „gesamte Konstellation“, in der sich die junge Frau befand: Sie war mit der ersten Tochter, Johanna (heute neun Jahre), schwanger. Ihr Partner arbeitete außerhalb der Landwirtschaft, die Schwester war mit ihrer Familie nach Australien ausgewandert.

Unterstützung bekam sie von der Mutter und der Familie verbundenen Mitarbeitern. Es kam, wie die Betriebsleiterin es beschlossen hatte. 2008 wurden Quote und Kühe verkauft, auch wenn das schmerzlich war. Doch sie wollte die Produktion umstellen. Mit Angus-Rindern ist der Eichenhof in die Direktvermarktung von Bio-Rindfleisch eingestiegen. Zudem verkauft er Absetzer, Zucht- und Schlachttiere.

Aus heutiger Sicht war es für die 43-Jährige ein guter Weg. Denn sie liebt diesen Beruf. Ein Landwirt habe zwar viel Arbeit, eine hohe Verantwortung und Pflichten, gibt Andrea Zimmermann zu bedenken. „Aber ich habe viele Freiräume und kann selbstständig entscheiden. Es gibt viele Facetten, die ich ausleben kann.“ rk

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in Wochenblatt-Ausgabe 2/2017, Seite 62.

Buchtipps:

  • Immer regnet es zur falschen Zeit. E-Book, Landwirtschaftsverlag Münster, ISBN 978-3-784-33221-5, 9,99€. Diese Buch stammt aus der Bauerntöchter-Reihe von Ulrike Siegel. In "Immer regnet es zur falschen Zeit" schildern 26 Frauen autobiografisch ihre Lebensgeschichten. Sie beschreiben, wie das Leben und Arbeiten auf den Höfen in den 60er-Jahren war.
  • Das ist mein Hof. Geschichte einer Rückkehr – von Chris De Stoop. S. Fischer-Verlag, ISBN: 978-3-104-90204-3, 19,99€. Ungeschönt, persönlich und einfühlsam schildert der 59-jährige belgische Autor und Journalist Chris De Stoop seine Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend auf einem Bauernhof. Als sein Bruder den Hof übernimmt, zieht es ihn in die weite Welt. Er kommt zurück, als sein Bruder stirbt und seine Mutter im Pflegeheim ist. Doch bei seiner Rückkehr stellt er fest, dass von seinen Kindheitserinnerungen nicht viel übrig geblieben ist. Die Realität, in der er sich wiederfindet, ist geprägt von Zwangsenteignungen, Umsiedlungen sowie den harten Bandagen des Naturschutzes und der Politik. Das bäuerliche Leben, wie er es kennen und lieben gelernt hat, ist verschwunden.


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