Grüne Giganten aus Westfalen

Matthias Plagge und Jochen Plugge aus Emsdetten denken in großen Dimensionen: Sie betreiben eine Baumschule für Mammutbäume.

Matthias Plagge und Jochen Plugge aus Emsdetten, Kreis Steinfurt, denken in großen Dimensionen: Sie betreiben eine Baumschule für Mammutbäume. Dass es ausgerechnet Mammut­bäu­me sind, die die beiden Freunde faszinieren, verwundert nicht: „Sie gehören zu den ältesten Lebewesen der Welt. Zu Zeiten der Dinosaurier gab es zahlreiche Arten, die ganze Landstriche überzogen“, weiß Jochen Plugge aus der Fachliteratur. Drei Arten existieren bis heute, weshalb sie gerne als „lebende Fos­si­li­en“ bezeichnet werden: der Riesen- oder Bergmammut­baum, der Küs­tenmammutbaum und der Urweltmammutbaum. Matthias Plagge und Jochen Plugge sind beeindruckt vom Lebensalter, der Wuchshö­he und dem Umfang dieser Zypressengewächse. „Sie zählen zu den größten und lang­lebig­s­­ten Lebewesen überhaupt“, fasst Matthias Plagge sein Wissen in wenigen Wor­ten zusammen und schon sprudeln die rekordverdächtigen Daten der bekanntesten Mam­mut­bäume, wie dem „General Sherman Tree“ oder dem „Hyperion“, aus ihm heraus.

Zu Gast in der Kinderstube

Dass aus den linsengroßen Samen einmal „Riesen“ im Pflanzenreich werden, ist schwer vorstellbar. Jedes Jahr im April sät Matthias Plagge etwa 120 Samen der drei Arten aus. Das Saatgut bezieht er direkt aus den USA und zwar aus speziel­len Gebieten („Groves“) mit besonders großen oder alten Bäumen.
„Vor der Aussaat müssen die Samen stratifi­ziert, also für 14 Tage in den Kühlschrank gelegt werden, um die Keimung anzuregen“, erklärt der Fachmann. Anschließend verteilt er sie auf mehrere Zim­mer­gewächs­häuser mit „Koko­hum“-Substrat. Nach vier bis sechs Wochen zeigen sich die ersten Sämlin­ge, die wenige Tage später in An­zucht­töpfe gesetzt werden. „Die Keimquote liegt oft nur bei einem Drit­tel“, gibt Matthias Plagge preis.

Nach einem Jahr topft Matthias Plagge die Jungpflanzen in hohe Rosentöpfe um, damit sich ih­re Pfahlwurzel optimal entwickeln kann. Als Substrat dient ab jetzt Mutterboden. Nach ein bis zwei weiteren Jahren erhält der Mammutbaum-Nachwuchs erneut einen grö­ßeren Topf, dieses Mal bereits einen 90 l-Container, dessen Wände und Boden mit Bohrlöchern versehen sind, um Stau­näs­se zu vermeiden. Der dritte Topfwechsel ist zugleich das Startsignal für einen Ortswechsel: Die weitere Kultur findet auf der Wiese von Familie Plugge statt.

Bäume im Container

Hier werden die Behälter in den Bo­den eingelassen, und die Pflanzen dürfen erst einmal ein paar Jah­re gedeihen, bevor sie erneut in frisches Substrat und bei Bedarf in 300 l-Container umgesetzt werden. Die einzigen Ruhestörer in dieser Zeit sind die Kaninchen. „Die Rinde schmeckt den Vierbeinern vorzüglich“, weiß Jochen Plugge aus leidvoller Erfahrung, weswegen er die Bäumchen vorsorglich mit Maschendraht ummantelt.

Wenn die Pflanzen mit etwa fünf Jahren eine Höhe von rund 1 m erreicht haben, werden sie zum Verkauf freigegeben. Abgerechnet wird nach einem einfachen Prinzip: Pro cm 1 Euro. Eine stolze Summe für einen kleinen Baum. Doch die Münsterländer versprechen Qualität: „Unsere Pflanzen sind in diesem Alter kräftig und abgehärtet und wachsen an ihrem neuen Standort zügig weiter.“

Ein beliebtes Geschenk

Die Liebhaber von Mammutbäumen, die aus ganz Deutschland den Weg nach Westfalen finden, schreckt der Preis nicht ab. Im Gegenteil: „Mammutbäume sind ein beliebtes Geschenk zu persönlichen Ereignissen, wie Geburt, Taufe und Jubiläen. So mancher Kunde greift gezielt zu einem größeren Exem­plar“ beobachtet Jochen Plug­ge. Wie zum Beispiel die Eltern, die ihrem Kind zum 10. Geburtstag einen genauso alten Mammutbaum schen­ken möchten. Oder der Betreiber einer Ferienhausanlage, der eine ganze LKW-Ladung manns­ho­her Bäume orderte und damit – nebenbei bemerkt – einen großen Teil des Baumschulbestandes „plünderte“.
Die Firmeninhaber vermarkten ih­re Ware ausschließlich ab Hof. Im persönlichen Gespräch erläutern sie die Besonderheiten der drei Arten, zum Beispiel dass der Urweltmammutbaum im Winter seine Nadeln verliert, der Küstenmammutbaum etwas frost­em­pfind­li­ch ist oder der Berg­mam­mut­baum im Alter von innen verkahlt. „Die Kunden können sich ihren Lieblingsbaum jederzeit aussuchen. Verladen werden die Pflanzen jedoch nur an zwei Wochenenden im März und Oktober“, erklären sie. Dadurch möchten sie vermeiden, dass die Bäume zu ungünstigen Jah­reszeiten gepflanzt werden.

Eine Reise zu den Riesen

Ob die im Münsterland herangezogenen Exemplare jemals in rekordverdächtige Dimensionen vordringen werden – darüber können die beiden Freunde nur spekulieren. Denn das ist der einzige Wermuts­tropfen ihres Hobbys: „Leider werden wir nicht mehr erleben, wie un­sere Bäume aussehen, wenn sie ausgewachsen sind.“ Ihren Jugend­traum hingegen möchten sich Matthias Plagge und Jochen Plugge in zwei Jahren erfüllen: Sie planen eine Reise in die USA, um dem „Ge­neral Sherman Tree“, dem „Hy­perion“ und all den anderen grü­nen Giganten einmal gegenüberzustehen. Christiane Bregen-Meiners

Den ausführlichen Bericht mit einer Übersicht über die drei Mammutbaumarten und Informationen zu den einigen Rekord-Mammutbäumen lesen Sie im aktuellen Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben, Folge 45/2016, vom 10. November 2016, in der Rubrik "Garten".

Tipp: Die Mammutbaumschule können Sie auch im Internet besuchen unter www.mammutbaum-schule.de