Unterwegs auf stillen Trassen

Die Trassen stillgelegter Bahnstrecken wurden in den zurückliegenden Jahren von Radfreunden und Touristikplanern neu entdeckt: als ideales Fundament für überregionale Radwege.

Viele ehemalige Bahnstrecken gerade auf dem Land sind als Radwege ausgebaut. Ihr Vorteil: Es gibt kaum Gefälle. Stattdessen gibt es Tunnel, Talbrücken, viel Natur und wenig Autolärm.Die Strecken führen oftmals abseits der großen Straßen durch Naturlandschaften, über Talbrücken, durch Tunnel – und vorbei an alten „Posten“ und Bahnwärterhäuschen, von denen manche restau­riert und zum Rastplatz für jedermann umgebaut worden sind.

Das Netz der Bahntrassen-Radwege ist in Westfalen dicht geknüpft. Viele Tourismusbüros, Stadtmarketing-Anbieter und Radfahrclubs bieten Informationen und Kartenmaterial zum Radfahren auf Bahntrassen an. Wir haben einige der interessantesten Strecken ausgewählt. Sie sind zwischen 10 und 314 km lang – für jeden Geschmack und jede Kondition ist also etwas dabei.


1. Auf der Kleinbahn
Die Teilstrecke der Mindener Kreisbahn zwischen Kutenhausen und Petershagen-Wegholm ist mit 10 km LÄnge die kürzeste der hier aufgeführten Trassen. Sie liegt auf einer der vielen Kleinbahn-Strecken im Kreis und ist Teil der Mühlenroute, an der mehr als 40 Wind-, Wasser- und Rossmühlen liegen.
Sehenswert am Wegrand: Die Wegholmer Mühle, das Landart-Festival – von Wegholm kann man weiter nach Ovenstädt mit der Glashütte Gernheim) und nach Schlüsselburg mit dem Scheunenviertel radeln.

2. Der Ruhr-Sieg-Radweg
Von Meschede bis Kirchen an der Sieg, etwa 10 km westlich von Siegen, führt der Ruhr-Sieg-Radweg. Er ist 113 km lang. Davon führen etwa 55 km steigungsarm über ehemalige Bahntrassen. Besonders spektakulär sind der 689 m lange Fledermaus-Tunnel bei Fehrenbracht sowie der 400 m lange Hohenhainer Tunnel bei Freudenberg.
Sehenswert am Wegrand: Das Museum „Dampf Land Leute“ in Eslohe, der Biggesee, das Museum Wendener Hütte bei Wenden, der Stadtkern von Freudenberg und der Druidenstein in Herkersdorf.

Mehr Informationen
Besonders ausführliche Informationen über Bahntrassenstrecken hat der Radsportler Dr. Achim Bartoschek zusammengetragen. Auf seiner Internetseite findet sich eine unerschöpfliche Menge an Daten und Streckenbeschreibungen: ohne Schnickschnack, ohne großes Getue – dafür mit allen Hinweisen, die für die Planung einer längeren Tour notwendig sind.

www.bahntrassenradeln.de

3. Der Sauerland-Radring
Der 80 km lange Sauerland-Radring führt in einer großen Schleife – und ohne größere Steigungen – durch das Hochsauerland. Der Rundweg führt von Meschede im Norden bis Lennestadt im Süden und zurück.
Wer in Meschede startet, fährt an der Hennetalsperre entlang nach Süden bis Eslohe-Bremke, von dort geht es auf einer alten Bahnstrecke nach Schmallenberg. Entlang der Lenne geht es dann auf ganz gewöhnlichen Radwegen bis nach Finnentrop. Dort mündet der Weg nach einigen Schlenkern auf der alten Bahnstrecke zwischen Lenhausen und Eslohe, die nun als Teil des (oben geschilderten) Ruhr-Sieg-Radwegs ausgebaut ist. Die Fahrt geht unter anderem wieder durch den Fledermaustunnel, von dort weiter ins Ruhrtal und nach Meschede.
Sehenswert am Wegrand: Hennetalsperre, die Altstadt von Schmallenberg, die ehemalige Löffelfabrik in Fleckenberg.

3. Pengel-Anton-Radweg am Haarstrang
Von Soest nach Belecke führt der Pengel-Anton-Radweg. Er ist rund 30 km lang, davon führen rund 22 km über die Strecke der ehemaligen Möhnetalbahn, die einmal Soest mit Brilon verbunden hat. Der Radweg überwindet insgesamt 150 Höhenmeter, die Steigungen halten sich aber auf der ehmaligen Bahntrassenführung in Grenzen.
Sehenswert am Wegrand: Zwei Waggons am ehemaligen Bahnhof in Sichtigvor erzählen die Geschichte der Bahnstrecke und zeigen eine liebevoll aufgebaute Modellbahnanlage.

4. Der Bergische Panorama-Radweg
Von Olpe bis Solingen und von dort über Wuppertal bis Hattingen führt der Bergische Panorama-Radweg. Er weist nicht nur den längsten Namen auf, sondern auch die längste Strecke: 314 km. Davon liegen 176 km auf ehemaligen Bahntrassen. Die Gesamtstrecke führt durch 14 Tunnel mit insgesamt mehr als 4,6 km Länge. Besonders imposant sind der mehr als 700 m lange Schee-Tunnel südlich von Hattingen und der Wegeringhauser Tunnel bei Drolshagen. Er ist mehr als 724 m lang und damit einer der längsten Radwegtunnel im Land. Die Röhre, die Rheinland und Westfalen verbindet, ist beleuchtet und für Radler nur zwischen April und Oktober geöffnet. In den Wintermonaten ist der Tunnel allein für Fledermäuse reserviert.
Sehenswert am Wegrand: Drei Talsperren (Agger-, Brucher- und Wupper-Talsperre), Schloss Burg, die museal hergerichtete Gesenkschmiede Henrichs in Solingen sowie die Müngstener Brücke zwischen Remscheid und Solingen, die mit 107 m höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands.

5. Der Münsterlandradweg
Der „Münsterlandradweg“ führt auf rund 43 km von Billerbeck nach Rheine. Gut drei Viertel der Strecke liegen auf der einstigen Trasse der Bahnstrecke Bottrop-Quakenbrück. Der Radweg beginnt am Bahnhof in Lutum und kann bislang bis zum Staelskottenweg in Rheine mit dem Rad befahren werden. Die Strecke soll demnächst weiter ausgebaut und mit einem anderen Bahntrassenweg verknüpft werden, der nach Ochtrup führt.
Sehenswert am Wegrand: Horstmar mit Altem Rathaus, Hallenkirche und Burgmannshöfen, der Bagno-Park bei Burgsteinfurt, der Denkmalpflege-Werkhof und die restaurierte Windmühle in der Bauerschaft Hollich, der Naturzoo in Rheine, die ehemalige Saline „Gottesgabe“ und das Museum des ehemaligen Klosters Bentlage.

Text: Gisbert Strotdrees