Helfen in der Hölle

Wenn die Erde bebt: Eine Sonderschau in der Technik- und Arbeitswelt-Ausstellung DASA in Dortmund zeigt „Katastrophen und was man daraus lernt“

Eine alte, nicht ganz ernst gemeinte Journalistenregel besagt: „Der Artikel soll mit einem Erdbeben anfangen – und sich dann ganz langsam steigern.“ An diese Regel hat sich offenbar auch das DASA-Museum in Dortmund gehalten. Ihre neue Sonderausstellung „Alarmstufe Rot“ über Katastrophen und Vorbeugung beginnt tatsächlich mit bebender Erde und speienden Vulkanen – und führt über den „Weihnachts-Tsunami“ in Thailand 2004 hin zu technischen Großkatastrophen wie dem Giftgasunfall im norditalienischen Seveso 1976, dem Ölpestunfall vor der US-Küste 2010 oder den explodierenden Atomkraftwerken Tschernobyl 1986 und Fukushima 2011.

Kein Stoff für Gaffer

Tipps für Besucher
DASA – dieses Kürzel stand einmal für „Deutsche Arbeitsschutz-Ausstellung“. Sie ist eine Einrichtung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Das klingt beim ersten Hören nicht gerade glamourös, aber davon sollte sich niemand täuschen lassen: Die DASA ist eines der spannendsten und vielseitigsten Technikmuseen im Land – und mit mehr als 13.000 m2 eines der größten. Wer will, kann hier in das Cockpit eines Düsenjets steigen, kann Industrieroboter und Elektronenmikrosokope ausprobieren, einen „Lärmtunnel“ durchschreiten oder den Arbeitsplatz eines Fluglotsen einnehmen. Weitere Themenfelder drehen sich ums Heilen und Pflegen, um das Bauwesen, um Industrie und Textiles sowie um die Vermittlung von Nachrichten.

Die Ausstellung „Alarmstufe Rot – eine Ausstellung über Katastrophen und was man daraus lernt“ ist bis zum 24. September montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr geöffnet, samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet 8 €, ermäßigt 5 €.
Weitere Informationen unter Tel. (02 31) 90 71 24 79.
www.dasa-dortmund.de

Schon diese Reihenfolge klingt, als stehe den Besuchern ein Gang durch viele Höllen bevor – und als solle ein Panorama für ihre Sensationsgier und die Lust am Untergang geboten werden. „Nein“, sagt der DASA-Leiter Gregor Isenbort unmissverständlich, „wir wollen auf keinen Fall die Lust der Gaffer befriedigen, sondern: Wir wollen zeigen, wie solche Großkatastrophen entstehen und wie der Einzelne und die Gesellschaft damit umgeht.“

Auf rund 800 m2 Fläche werden 200 Fotografien, Filme, Modelle, Simulationen und Objekte präsentiert: vom Feuerlöscher über die selbstaufblasende Rettungsinsel bis zum Überschlagauto, in das Besucher einsteigen können, wenn sie wollen. Eine andere Simulation zeigt, wie es sich anfühlt, am Esstisch zu sitzen und ein kräftiges Erdbeben zu erleben.

Naturkatastrophen stehen am Anfang des Rundgangs. Anschließend dreht sich alles um den richtigen Umgang mit Feuer und die Bekämpfung von Feuerkatastrophen, bevor der Blick auf Gefahren des Transports gelenkt wird. In diesem Teil werden unter anderem der Untergang der Titanic 1912 oder auch das Bahnunglück von Eschede 1998 beleuchtet, bei dem aufgrund eines technischen Defektes, wie sich später herausstellte, 101 Menschen gestorben sind.

Die Panik der Masse

Lassen sich solche Großunglücke verhindern? Welche neue Technologien und Rettungssysteme gibt es, um den „menschlichen Faktor“ möglichst gering zu halten? Ihm ist das Schlusskapitel der Schau gewidmet. Es zeigt unter anderem, wie die Massenpanik-Unfälle in den Fußballstadien von Heysel in Belgien 1985 oder Hillsborough in Großbritannien, 1989 entstanden sind – und wie man sie hätte verhindern können. Der größte und stärkste Gegner aller Beteiligten, der Helfer wie der Opfer, ist in diesen und anderen Katastrophenfällen letztlich die Angst, das „Beben im Menschen“. Str.

Text: Gisbert Strotdrees