Brücken, Tunnel, Viadukte

Unser Ausflugstipp: Auf alten Bahntrassen durch das Bergischen Land

Das Bergische Land war lange Zeit nichts für Radfahrer: Enge, laute Täler, Industriebauten, steilen Anstiege auf die Höhen. Doch jetzt ist der Landstrich zu einem hochattraktiven Radelrevier aufgestiegen – dank der stillgelegten Trassen der Eisenbahn. Wo vor noch gar nicht langer Zeit die Güterzüge vom Rhein oder aus dem Ruhrtal in das alte Montanrevier an Wupper und Dhünn bergan schnauften, findet der Radelfreund heute allerfeinste Radstrecken vor. Deren Vorgeschichte als Bahntrasse beschert den Radfahrern zwei Vorteile:

  • Eine eigene Wegeführung abseits stark befahrener Straßen und

  • eine Neigung von nicht mehr als 1 bis 2 %.

Der Radweg steigt oder fällt also ganz sachte, während das Gelände ringsum an Steilheit nichts zu wünschen übrig lässt. Brücken und Viadukte, lange Stützbauten an den Hängen über den Tälern und Tunnel durch den höchsten Berg: Um schwere Güterzüge ins Hügelland zu befördern, war vor rund 130 Jahren kein Aufwand zu groß. Seinerzeit waren diese Bauten spektakuläre technische Meisterwerke. Heute denkt sich der Radler: „Wie für mich gemacht!“

Zoo, Wald und Wupper

Wir drehen eine Zwei-Tages-Runde, starten in Wuppertal und nehmen zunächst die „Sambatrasse“ der früheren Burgholzbahn. Sie überquert das Gelände des Zoos, schlängelt sich durch einen Wald bis hinauf nach Cronenberg und überwindet so ganz allmählich 120 Höhenmeter. Aus der Stadt der Werkzeugmacher geht es über Sträßchen und teils steile Waldwege hinunter zu der Stelle an der Wupper, wo Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke, die Müngstener Brücke, das Tal überquert. Der Park unter der Brücke ist ideal für eine ausführliche Pause.

Nach Solingen-Krahenhöhe führt eine kurvenreiche, einsame Waldstrecke, die Schmalspurtrasse der früheren Ronsdorf-Müngstener Eisenbahn-Gesellschaft. Ein Panoramablick belohnt die mäßige Mühe des Anstiegs. Danach verbinden wir die „Korkenziehertrasse“ und die Niederbergbahn über Velbert und Heiligenhaus bis hinunter nach Kettwig an der Ruhr, wo wir dem Ruhrradweg stromauf bis Essen-Werden folgen.

Stahlhütte und Dorfidylle

Hier geht’s lang
Die Bahntrassenrouten sind für Familien geeignet, lassen sich zu Rund- oder Langstrecken kombinieren und schließen an die Strecken an Ruhr, Rhein und Sieg an. Wichtig: Die Strecken werden gelegentlich unterbrochen, weil Brücken fehlen, Straßen kreuzen oder Gewerbebetriebe im Weg liegen. An diesen Stellen kann es zu kurzen steilen Abfahrten und Anstiegen kommen.
Informationen: Bergisches Land Tourismus, Kölner Str. 8, 42651 Solingen, Tel. (02 12) 88 16 06 65, www.die-bergischen-drei.de .
Der // www.adfc-wuppertal.de:ADFC Wuppertal bietet Streckenübersichten im PDF-Format auf seiner Internetseite.
Buch und Karte:
ADFC-Radführer „Bergische Bahn-trassen“, 1:50.000, BVA Bielefeld, 14,95 €.
Peter Wolter: Mit dem Fahrrad auf alten Bahntrassen. Droste Verlag, 14,95 € ISBN 978-3-7700-1502-3. – GPS-Tracks können kostenlos hier geladen werden.

Bester Kenner aller Bahntrassen ist Dr. Achim Bartoschek. In seiner Datenbank findet sich alles: www.bahntrassenradeln.de .

Am zweiten Tag geht es nach einem Besuch der Henrichshütte in Hattingen über die „Kohlenbahn“ gemäßigt bergauf bis zum Tunnel Schee. Am Wegrand finden sich immer wieder kleine Erinnerungen an die alte Eisenbahnzeit. Hier ist aus einem Bahnhof ein Biergartenlokal geworden, da stehen zwei Waggons an der Seite mit Cafébetrieb darin. Ein roter Schienenbus scheint auf die Abfahrt zu warten. Ein Güterwaggon hat eine altersschwache Brücke ersetzt, ab und an stehen Signale oder Schranken sehr aufrecht am Wegrand. Info-Tafeln erzählen von der Bedeutung der Bahnen für die Menschen und ihren Broterwerb.

Gelegenheiten zum Pausieren gibt es reichlich. Wer es idyllisch mag, sollte in Solingen das Dorf Gräfrath mit seinem Marktplatz ansteuern.

Südlich des Tunnels Schee trifft unser Radweg auf die Nordbahn- trasse der früheren Rheinischen Eisenbahngesellschaft. Sie baute in den 1870er Jahren eine Strecke von Düsseldorf nach Dortmund-Hörde. Weil im engen Talgrund entlang der Wupper schon eine andere Eisenbahn unterwegs war, musste die neue Strecke auf halber Hanghöhe verlegt werden. Das war nur mit enormem Bauaufwand zu machen.

Dank der Initiative des Vereins „Wuppertalbewegung e. V.“ wurde die stillgelegte Strecke für Fußgänger, Skater und Radler hergerichte. Entstanden ist eine eindrucksvolle tour längs desWuppertals, mit vielen Tunneln und Viadukten.

Auf der Balkan-Route

Wer Lust auf mehr Kilometer im Hügelland bekommen hat, kann über die „Bergischen Panorama-Radwege“ weiterfahren. Zum Beispiel über die im Volksmund „Balkanroute“ genannte Strecke über Burscheid nach Leverkusen an den Rhein oder vorbei an den Sauerländer Talsperren nach Olpe. Von hier geht es über den Ruhr-Sieg-Radweg weiter nördlich nach Meschede oder südlich nach Kirchen an der Sieg. So gesehen, liegt das Bergische Land plötzlich mitten im Netz der Radwanderrouten.

Text und Foto: Christoph Mörstedt. – Das Foto zeigt die Einfahrt zum Schulenbergtunnel bei Hattingen.