Ausstellung in Essen: "1914 – Mitten in Europa"

Pickelhauben vor grauen Betonwänden, abgegriffene Lebensmittelmarken, aber auch feine Stresemann-Anzüge, Feder-Boas und das erste Elektroauto: Eine Zeit der Widersprüche zwischen Aufbruch und Krieg präsentiert die große Sonderausstellung "1914 - Mitten in Europa" in Essen.

Die Ausstellung vor und in der Industriekulisse der Kokerei der Zeche Zollverein wurde am gestrigen Dienstag der Presse vorgestellt und am Abend im Beisein von 1200 Gästen eröffnet. Der Landschaftsverband Rheinland und sein Industriemuseum sowie das Ruhr-Museum in Essen haben die Mammutschau erarbeitet, die auf 2500 m2 Fläche rund 2500 Ausstellungsstücke zeigt und die Zeit vor 100 Jahren an Rhein und Ruhr lebendig werden lässt.

Rundgang in drei Teilen

Der Rundgang durch das gigantische ehemalige Industriegebäude der Kokerei führt durch die drei Teile der Ausstellung:

• Der Auftakt im Obergeschoss erinnert an den Aufbruch im Industriegebiet an Rhein und Ruhr, als hier das industrielle Herz Deutschlands schlug. Zeichnungen der Wuppertaler Schwebebahn, das erste Elektroauto und auch der erste Verbrennungsmotor Deutschlands, konstruiert in Köln-Deutz, zeigen das ebenso wie edle Seidenroben, Kaiserportraits und Arbeiterfahnen.

• Der sogenannte Bunker der Kokerei ist dem Ersten Weltkrieg gewidmet. Das grausige und zerstörerische Kriegsgeschehen, vor allem aber der Alltag an der "Heimatfront" an Rhein und Ruhr wird dokumentiert in Soldatenfotos, Feldpostkarten, Modellen schwerer Kriegsverletzungen sowie Original-Filmaufnahmen aus den Schützengräben. Sie stehen in scharfem Kontrast zur Nagelkreuz-Propaganda und zum Helden- bzw. Totenkult jener Jahre.

• Flugblätter, Fahnen und Fotografien bezeugen im dritten Teil, dem Trichtersaal, die Folgelasten des kaiserlichen Krieges. Massenhunger, Bürgerkrieg und Ruhrbesetzung werden lebendig, aber auch der Glanz der goldenen 20er Jahre: Charleston-Kleider, der feine "Stresemann"-Anzug oder ein Autofahrermantel für die Frau spiegeln die ungestüme Atmosphäre.

Umfangreiches Begleitprogramm

Die Ausstellung wird ergänzt um Sonderführungen, Exkursionen, Filmen, Theater und Vorträgen sowie einem eigenen Angebot ausschließlich für Kinder und Schulklassen. Ein umfangreicher, 342 Seiten umfassenderer Begleitband mit rund 400 Abbildungen ist im Klartext-Verlag Essen erschienen und kostet in Museum 29,95 €.

Tipps für Besucher

Die Ausstellung "1914 – Mitten in Europa" ist bis zum 26. Oktober zu sehen in den Gebäuden der ehemaligen Kokerei der Zeche Zollverein, Arendahls Wiese, 45141 Essen. Sie ist täglich, auch montags (!), von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Der Eintritt kostet pro Person 10 €, ermäßigt 7 €, Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre haben freien Eintritt. Ein Audio-Guide kostet 3 €.

Die Anreise per Bahn ist problemlos möglich: Vom Hauptbahnhof Essen führt die Straßenbahn Kulturlinie 107 zur Haltestelle "Zollverein", nach etwa sieben Minuten Fußweg steht man vor dem Eingang zur Ausstellung.

Wer mit dem PKW anreist, sollte die Zeche Zollverein, Parkplatz C, ansteuern.

Weitere Informationen zu Gruppenführungen, Begleitprogramm etc. unter Tel. (02 01) 24 68 14 44, www.1914-ausstellung.de

Text: Gisbert Strotdrees

Der ausführliche Bericht zur Ausstellung war im Wochenblatt, Folge 19, vom 8. Mai 2014 zu lesen.