Wenn der Arzt zur Kasse bittet

Nimmt der gesetzlich versicherte Patient individuelle Gesundheitsleistungen in Anspruch, muss er dafür in der Regel zahlen. Doch Nutzen, Risiken und Kosten der Behandlung sind oft unklar.

In mancher Augenarztpraxis wird dem Patienten bereits an der Anmeldung das Angebot einer Augeninnendruckmessung mit den Worten unterbreitet: „Haben Sie auch schon die Augenuntersuchung zur Früherkennung des Grünen Stars durchführen lassen? Das kann der Herr Doktor dann gleich mitmachen.“

Ärztliche Gesundheitsleistungen wie diese werden von Ärzten häufig aktiv vermarktet. Ähnlich verhält es sich mit anderen individuellen Gesundheitsleitungen (IGeL) wie zusätzlichen Ultraschallangeboten beim Gynäkologen, der Knochendichtemessung zur Früherkennung einer Osteoporose oder einer Stoßwellentherapie beim Tennisarm. Leistungen wie diese müssen gesetzlich Versicherte in der Regel selbst zahlen.

Wie Patienten mit IGeL-Angeboten umgehen sollten, das war eines der Themen der jüngsten Veranstaltung des Kreislandfrauenverbandes Hochsauerlandkreis in Meschede-Calle. Referentin Andrea Birkenhauer von der Beratungsstelle der Verbraucherzentrale Lippstadt gab hilfreiche Tipps, was bei privaten Zusatzleistungen vom Arzt zu beachten ist.

IGeL erfüllt Grundsatz nicht

„Mittlerweile gibt es weit über 300 Selbstzahlerleistungen. Weil deren Methoden der Diagnose oder Therapie nicht zum verpflichtenden Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen gehören, muss der Patient sie selber zahlen“, berichtete Andrea Birkenhauer.

Typische Selbstzahlerleistungen seien etwa Schönheitsoperationen oder die Entfernung von Tätowierungen, die auf Wunsch des Patienten erfolgen sowie Reiseimpfungen oder Bescheinigungen über die Sporttauglichkeit. Aber auch medizinische Leistungen, die der Früherkennung und Behandlung von Krankheiten dienen, müssen gesetzlich Versicherte selbst bezahlen.

Beispiele dafür sind Hautscreenings, PSA-Test für Männer, zusätzliche Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft oder bestimmte Laboruntersuchungen. Liegt allerdings ein begründeter Krankheitsverdacht vor, oder zählt der Patient zu einer bestimmten Risikogruppe, zahlt die gesetzliche Krankenkasse.

Zu wenig informiert

Doch welche Leistungen sind notwendig und welche nicht? Eine Antwort darauf konnte die Vertreterin der Verbraucherberatung pauschal nicht geben. Es sei immer sinnvoll, sich medizinisch unabhängig zu informieren. Selbstzahlerleistungen seien nicht grundsätzlich schlecht. Die Praxis zeige aber häufig, dass Patienten gar nicht oder zu wenig vom Arzt über Nutzen, mögliche Schäden und über alternative Behandlungen aufgeklärt werden. „Viele Verbraucher fühlen sich zu IGeL gedrängt“, sagte die Verbraucherberaterin. Insbesondere Frauen zwischen 30 und 50 Jahren sowie Besserverdienenden würden IGeL angeboten.

Vorab einmal nachfragen

Manchmal aber kassierten Ärzte auch gerne direkt beim Patienten ab, selbst wenn eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse möglich wäre. Die Verbraucherzentralen beobachteten diese Vorgehensweise zunehmend bei der Knochendichtemessung. Diese ist seit 2014 nicht nur eine Kassenleistung, wenn ohne Belastung ein Knochenbruch auftritt oder ein begründeter Verdacht auf Knochenschwund besteht.

Auch wenn eine gezielte medikamentöse Behandlung aufgrund konkreter Befunde nötig scheint oder die Knochendichte während einer laufenden Therapie überprüft werden muss, übernimmt die gesetzliche Kasse die Kosten.

Haben Ärzte jedoch die Genehmigung für das Messgerät an die Kassenärztliche Vereinigung zurückgegeben oder ihre medizinische Leistung nicht in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Katalog) aufnehmen lassen, können sie die Leistung privat in Rechnung stellen. LHo

Neutrale Infos

Medizinisch unabhängige Informationen erhalten Sie beispielsweise auf folgenden Internetseiten:

www.igel-monitor.de

www.gesundheitsinformation.de

www.faktencheck-gesundheit.de

www.krebsinformationsdienst.de

www.derprivatpatient.de

www.patientenberatung.de

www.kostenfalle-zahn.de