Weil Pannen passieren

Rund 2,4 Mio. Mal im Jahr läuft bei der Verhütung etwas schief. Mit der „Pille danach“ lässt sich einer Schwangerschaft meist vorbeugen.

Kondom gerissen, Pille vergessen oder aufgrund eines Magen-Darm-Infektes nicht 100%ig sicher – um einer ungewollten Schwangerschaft vorzubeugen, können Frauen in diesem Notfall die „Pille danach“ einnehmen.

Erst seit 2015 gibt es zwei verschiedene Wirkstoffe rezeptfrei in der Apotheke zu kaufen. Wie sie wirken und wann wie zuverlässig eine Schwangerschaft verhindern können, lesen Sie hier.

Den Eisprung verschieben

Die „Pille danach“ beinhaltet entweder die Substanz Levonorges­trel oder Ulipristalacetat.
Levonorgestrel muss innerhalb von 72 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen werden. Er ist zum Beispiel enthalten in Präparaten wie PiDaNa oder Postinor.

Ulipristalacetat kann noch innerhalb von 120 Stunden eingenommen werden und ist beispielsweise in EllaOne enthalten.

Beide Wirkstoffe verschieben den Eisprung fünf Tage nach vorn, sodass die bei einer Verhütungspanne eingedrungenen Spermien bis dahin abgestorben sind und keine Befruchtung der Eizelle mehr möglich ist. Einen weiteren Effekte haben die Präparate im Genitaltrakt nicht. Durch sie wird also keine bereits befruchtete Eizelle an der Einnistung gehindert oder abgetötet. Somit sind beide „Pillen danach“ keine Abtreibungspräparate.

Daher können sie auch eingenommen werden, wenn unwissentlich bereits eine Schwangerschaft besteht. Sie verursachen weder eine Fehlgeburt noch schädigen sie das ungeborene Kind. Die Einnahme ist zu jedem Zeitpunkt im Zyklus möglich. Sie sind auch für Jugendliche über 14 Jahre geeignet. Die Frau muss nicht etwa nachweisen, dass sie volljährig ist.

Wird die Tablette – es befindet sich nur eine in der Packung – innerhalb von drei Stunden nach der Einnahme erbrochen, kann sie nicht richtig wirken. Dann muss eine weitere gekauft und eingenommen werden. Um dem vorzubeugen, ist es ratsam, vor der Einnahme eine Kleinigkeit zu essen.

Als Nebenwirkungen können menstruationsähnliche Symptome auftreten wie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen oder Erbrechen. Die nächste Monatsblutung kann sich um einige Tage verschieben. Treten deutliche Unregelmäßigkeiten im Zyklus auf, sodass zum Beispiel die nächste Blutung länger als fünf bis sieben Tage ausbleibt, sollte ein Frauenarzt aufgesucht werden. Das gilt auch, wenn Anzeichen einer Schwangerschaft eintreten.

Für den Notfall gedacht

Nehmen Frauen die „normale“ Pille ein, sollen sie diese im weiteren Verlauf des Zyklus planmäßig weiter nehmen, aber zusätzlich mit Kondomen verhüten. Wer gar nicht verhütet, sollte sich beim Frauenarzt über geeignete Methoden beraten lassen.

Denn die „Pille danach“ gilt als Notfall-Kontrazeption und ist nicht zur regelmäßigen Anwendung geeignet. Zu bedenken ist auch, dass die „Pille danach“ nicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützt. Der Schutz vor Aids und anderen ansteckenden Krankheiten sollte ein weiterer Grund sein, Kondome zu verwenden.

Kein 100%iger Schutz

Hat im Zyklus bereits ein Eisprung stattgefunden, wenn die „Pille danach“ eingenommen wird, ist sie wirkungslos, da sie dann ja keinen Eisprung mehr verschieben kann. Sie muss also dem Eisprung zuvorkommen und deshalb innerhalb der oben genannten Zeitfenster eingenommen werden.

Trotzdem ist es nicht sinnvoll, den Zyklus berechnen und voraussagen zu wollen, an welchem Tag denn der Eisprung stattgefunden haben könnte. Bei lediglich 12 % der Frauen findet der Eisprung lehrbuchmäßig am 14. Tag statt. Im Gegenteil, es gibt weite Streuungen. Daher ist es fast immer ratsam, bei einer Verhütungspanne die „Pille danach“ zu nehmen.

Andererseits gibt es Fälle, in denen die „Pille danach“ gar nicht nötig ist. Ist die „normale“ Pille vor weniger als zwölf Stunden vergessen worden, wird ganz einfach eine nachgenommen. Handelt es sich jedoch um ein reines Gestagen-Präparat („Minipille“), bleiben nur drei Stunden zum Nachnehmen. Daher ist es wichtig, bei der Beratung in der Apotheke den Namen der eigenen Pille parat zu haben.

Auch beim Vaginalring und dem Verhütungspflaster gibt es Zeitfenster, um Pannen wiedergutzumachen. Darüber hinaus gibt es Medikamente und Grunderkrankungen, die die Wirkung der „Pille danach“ abschwächen, sodass sie nicht zuverlässig wirken kann.

Stillen schützt nicht zuverlässig vor einer erneuten Schwangerschaft. Beide Wirkstoffe dürfen während der Stillzeit eingenommen werden. Jedoch gehen sie in die Muttermilch über. Deshalb ist nach Levonorgestrel eine Stillpause von mindestens acht Stunden einzulegen.

Nach Ulipristalacetat muss die Stillpause mindestens eine Woche betragen. Damit ist Stillen kaum vereinbar. Somit macht es Sinn, rechtzeitig innerhalb von 72 Stunden die Apotheke aufzusuchen, damit die Einnahme von Levonorgestrel mit der kürzeren Stillpause noch wirksam ist.

Persönlich beraten lassen

Es ist sinnvoll, dass die Frau persönlich in die Apotheke kommt. Ihren Partner kann sie natürlich mitbringen, aber er allein wird nicht alle klärenden Antworten geben können. In einem diskreten Beratungsgespräch lässt sich klären, ob und welches Präparat im betreffenden Fall zu empfehlen ist oder ob die Frau doch besser ihren Frauenarzt aufsucht. Und die richtige Einnahme kann mit einem Glas Wasser gleich an Ort und Stelle erfolgen. Denn für beide Substanzen gilt: Je früher, desto zuverlässiger ist die Wirkung.

Darüber hinaus können in einem vertraulichen Gespräch auch andere Aspekte dieses Themas angesprochen oder im Fall sexueller Gewalt auf Adressen von gynäkologischen Bereitschaftsdiensten hingewiesen werden. Diese sind auf die Spurensicherung im Fall einer Anzeige vorbereitet. Apotheken liefern auch Informationen oder Adressen für Minderjährige, die als werdende Mütter besondere Unterstützung benötigen. Kokemoor