Vorbild: Steh-auf-Männchen

Jede Krise ist zu bewältigen. Dazu braucht es vor allem seelische Widerstandskraft. Fachleute nennen diese Fähigkeit Resilienz. Einige bringen sie mit. Sie lässt sich aber auch üben.

Warum hadern manche Menschen mit ihrem Schicksal, zerbrechen gar daran und andere nicht?

Was zeichnet Menschen aus, die aus Zumutungen Perspektiven entwickeln und schwierige Situationen meistern? Die Fragen lassen sich mit dem einfachen Wort „Resilienz“ beantworten. Gemeint ist damit die Kraft, die Menschen hilft, schwere Krisen oder auch unerwartete berufliche Veränderungen zu bewältigen. In der Landwirtschaft ist das Thema derzeit hochaktuell. Viele landwirtschaftliche Familien stehen angesichts mangelnder Erlöse vor einer wirtschaftlichen, aber auch persönlichen Krise. Und die gilt es zu meistern. Aber wie?

Helga Rolfes ist Dipl. Sozialpädagogin, Supervisorin sowie Ehe- und Familienberaterin aus Wallenhorst bei Osnabrück. Sie weiß welche Mechanismen greifen, damit persönliche Rückschläge besser verkraftet werden können. Auf der jüngsten Mitgliederversammlung des Verbandes der Lehr- und Beratungskräfte für Haushalt und Verbrauch im ländlichen Raum informierte die Expertin über das Phänomen der seelischen Wider-
standsfähigkeit.

Was Resilienz auszeichnet

Stehaufmännchen – Spielfiguren aus Kindertagen – können aus jeder beliebigen Lage wieder in ihre aufrechte Haltung zurückspringen. Sie sind Sinnbild für eine Eigenschaft, die resiliente Menschen mitbringen. „Sie finden trotz widriger Lebensumstände, Krisen und Schicksalsschläge wieder ihre Balance“, sagte Helga Rolfes.

Das bedeute nicht, dass resiliente Menschen unverwundbar sind. Auch sie machen Phasen der Verzweiflung durch und trauern. Doch sie erholen sich schneller von Niederlagen und Schicksalsschlägen. Sie besinnen sich nach einer gewissen Zeit wieder bewusst auf ihre Fähigkeiten und Stärken, die ihnen helfen, die Krise zu meistern. Sie lassen sich nicht so schnell entmutigen und erleben Belastungen eher als Herausforderung, weniger als unlösbares Problem.

Laut Resilienzforschung bringen sie einen Strauß an Fähigkeiten und Grundhaltungen mit, der sie seelisch gewissermaßen unverwüstlich macht, informierte Helga Rolfes. Siehe auch „Was resiliente Menschen ausmacht“.

Raus aus dem Karussell

Doch nicht jeder Mensch ist mit diesen Eigenschaften und Fähigkeiten ausgestattet. Nicht resiliente Menschen sehen sich oft in der Opferrolle, fühlen sich hilflos und sind handlungsunfähig. Andere reißen sich emotional zusammen, machen so weiter wie bisher oder versuchen die Krise zu ignorieren.

„Sie öffnen keine Rechnungen mehr, gehen nicht mehr zur Bank und überspielen Situationen“, zeigte Helga Rolfes typische Abwehrreaktionen auf. Resiliente Menschen dagegen ließen sich oft erst einmal Zeit. Sie halten inne in der Gewissheit wieder Boden unter den Füßen zu bekommen. „Sie relativieren die Krise und belasten sich nicht mit Selbstvorwürfen,“ schilderte die Referentin.

Das Gute: Resilienz und psychische Belastbarkeit lassen sich fördern – insbesondere in den ersten zehn Lebensjahren. Wer in der Kindheit ein gutes Selbstwertgefühl entwickelt hat, bringt gute Voraussetzungen mit. Unterstützt wird dies etwa durch eine emotional stabile Bindung zu einer Person, die zuverlässig ist und Sicherheit gibt. Schon frühe Erfahrungen mit Leistungsanforderungen unterstützen das Gefühl, selber etwas bewirken zu können. Und schließlich hilft die Vorbildfunktion jener Menschen, die mit Problemen und Konflikten konstruktiv umgehen.

Innere Stärke schulen

Doch auch im Erwachsenenalter lässt sich die Fähigkeit zur Resilienz verbessern. „Jede Krise ist zu bewältigen, vorausgesetzt wir schulen unsere innere Stärke“, erklärte Referentin Helga Rolfes.
Mut machende Sätze, wie „Alles wird gut“ oder Liedertexte (siehe Zitat oben) können eine positiven Effekt auf Körper, Geist und Seele haben.

Gartenarbeit oder ein anderes Hobby kann zu inneren Balance beitragen. Dazu gehören auch Ausdauersportarten, Tanzen oder Lachjoga.

In einer akuten Krisensituation ist es oft hilfreich, Techniken zu beherrschen, mit denen man sich selber beruhigen kann. „Singen oder summen Sie eine Melodie auf den Buchstaben „M“, die Sie mit etwas Positivem verbinden, schilderte Helga Rolfes. Auf Dauer entstehe dabei eine Vibration im Körper, die beruhige.

Die Fähigkeit, sich an schöne Orte zu denken, schafft Freiräume, um geistig wieder aufzutanken.
Um mit den eigenen Energien besser zu haushalten, sei es oft hilfreich, sich hin und wieder folgende Fragen zu stellen: Wie viel Schlaf benötige ich, um gut erholt zu sein? Wie gestalte ich meine Pausen am besten? Gibt es Essen, das meinem Energiehaushalt guttut? Was gibt mir momentan Energie, und was raubt sie? Wodurch kann ich meinen Energiespeicher gezielt auffüllen und wie kann ich Verluste einschränken? LHo