Nur so viel Hilfe wie nötig

Wer zu Hause Angehörige pflegt, sollte deren Selbstständigkeit möglichst lange fördern. Auch alltägliche Übungen stärken die Beweglichkeit.

Auf dem Hof von Familie Schulz leben drei Generationen zusammen. Seniorin Maria Schulz ist 84 Jahre alt, aber noch recht rüstig. Als sie jedoch morgens den Biomüll zum Kompost bringen möchte, passiert es. Sie rutscht auf einer zugefrorenen Pfütze aus und bricht sich das Bein und auch noch den Arm.

Im Krankenhaus wird sie gleich operiert und gut versorgt. Leider hat sie dieser Vorfall im wahrsten Sinne von den Beinen geholt. Nach einem zehntägigen Krankenhausaufenthalt kommt sie in eine geriatrische Rehabilitation. Das Gehen an einer Gehhilfe ist zurzeit nicht möglich, da sie ihren Arm noch nicht stark belasten darf. Sie liegt viel im Bett und ihre Muskulatur ist geschwächt.

Täglich kommen die Physiotherapeuten zu ihr und üben mit ihr. Langsam, aber sicher geht es bergauf. Die Familie entscheidet sich, Oma Schulz nach der Reha nach Hause zu holen und sie dort bestmöglich zu pflegen. Sie haben sich bereits beim Sozialen Dienst des Krankenhauses informiert und organisiert, dass ein Pflegedienst zweimal täglich zur Hilfe kommt.

Viel selber machen lassen

Tochter Ruth Schulz unterhält sich mit der Physiotherapeutin in der Rehaklinik. Sie verabreden, dass Ruth einige Übungen von der Physiotherapeutin gezeigt bekommt, die sie mit ihrer Mutter täglich durchführen kann, damit ihre Muskeln nicht noch schwächer werden. Die Therapeutin erklärt, dass es sinnvoll ist, der alten Dame nur so viel zu helfen wie nötig:

Lassen Sie die pflegebedürftige Person so viel wie möglich allein machen, damit sie ihre Selbstständigkeit behält. Dazu zählt beispielsweise, dass sie ihre Bettdecke selbstständig zurückschlägt, die Bettdecke wieder greift und sich zudeckt. Diese Übungen belasten den lädierten Arm nicht allzu sehr, halten die Schulter aber mobil.

Eine einfache Übung ist auch das Haarekämmen. Geben Sie der immobilen Person den Kamm oder die Bürste abwechselnd in die rechte und in die linke Hand und lassen sie sich selbst kämmen. Achten Sie darauf, dass nicht nur ein kleiner Teil der Haare gekämmt wird. Muss der Kamm mit der rechten Hand zum linken Ohr bewegt werden, benötigt das schon viel Beweglichkeit aus der Schulter.

Auf die Bettkante setzen

Bevor sich Maria Schulz auf die Bettkante setzt, sollte sie ihre Bettdecke mit den Füßen zum Bettende befördern. Kreist sie anschließend ihre Füße und bewegt die Fußspitzen nach oben und unten, fördert sie nicht nur die Beweglichkeit des Fußgelenks. Sie regt auch den Blutfluss in den Beinen an. Wenn sie es schafft, kann sie abwechselnd mit jeweils einem Bein in der Luft Fahrrad fahren. Das andere Bein ist währenddessen angestellt. Es sollten so oft wie möglich alle Gelenke bewegt werden.

Die Physiotherapeutin zeigt Ruth, wie sie ihrer Mutter hilft, sich über die Seitlage an die Bettkante zu setzen. Dabei unterstützt sie die alte Dame nur leicht von der Seitlage in den Sitz, indem Sie das Gewicht des Oberkörpers etwas abnimmt und die Beine aus dem Bett nimmt. Der gesunde Arm der Seniorin kann beim Aufsetzen stützen. Beim Anziehen einer Strickjacke bekleidet die Physiotherapeutin erst den lädierten Arm. Mit dem gesunden Arm kann Maria Schulz dann ganz leicht selbst in den Ärmel kommen.

An das gipsfreie Bein kommt ein fest sitzender Schuh. Der gibt Halt beim Aufstehen. Am besten sind Schuhe, in die die ältere Dame schnell reinschlüpfen kann oder welche mit Klettverschluss. Zum Heranholen der Schuhe hilft gut ein langer Schuhanzieher als „Armverlängerung“.

Frau Schulz sitzt nun angezogen auf der Bettkante, allerdings noch ziemlich weit in der Bettmitte. Die Matratzenkante ist in ihren Kniekehlen. Aus dieser Position kann sie nicht aufstehen. Dafür zeigt die Physiotherapeutin einen ganz einfachen Trick. Beim sogenannten „Schinkengang“ wird eine Gesäßseite angehoben und gleichzeitig das Knie nach vorne geschoben. Die andere Seite folgt. Im Nu sitzt die alte Dame auf der Bettkante und kann ihren Oberkörper zum Aufstehen nach vorne beugen.

Ruth hat bereits einen Rollstuhl direkt im 90-Grad-Winkel neben das Bett gestellt. Die Lehne, die zum Bett zeigt, hat sie herausgenommen. Nun stellt sich die Physiotherapeutin vor Maria Schulz. Diese legt von außen beide Arme auf den Rücken der Therapeutin. Das eingegipste Bein wird in der Luft gehalten. Mit einem Dreh sitzt Frau Schulz im Rollstuhl. Um vorwärts zu kommen, hilft sie mit dem gesunden Bein nach.

Sicherer Gang mit Rollator

Die ganze Familie hat fleißig mit der alten Dame geübt, damit diese so viel wie möglich alleine machen kann. Als endlich Arm und Bein vom Gips befreit werden und der Arzt grünes Licht für Belastung gibt, lernt die Seniorin schnell, an einem Rollator zu laufen. Sie ist glücklich, dass sie wieder auf die Beine gekommen ist. Der Rollator wird sie von nun an stets begleiten und ihr Sicherheit beim Laufen geben. Den Biomüll kann sie nun vorne in das Körbchen stellen und mit Hilfe der vier Räder sicher zum Kompost und wieder zurück kommen. Roer