Hoden auf Irrwegen

Hodenhochstand hat Folgen für die Fruchtbarkeit und erhöht das Risiko für Hodentumore. Wichtig ist eine frühzeitige Therapie.



Anton ist sechs Wochen alt. Beim Wickeln fällt der Mutter ein Knubbel im Bereich der rechten Leiste auf. Bei der kinderärztlichen Untersuchung zeigt sich, dass der rechte Hoden noch nicht komplett in den Hodensack abgestiegen ist und im Leistenkanal liegt. Mediziner sprechen dann von Hodenhochstand. Die Sorgen der Mutter können zunächst zerstreut werden. Denn bis zum Alter von sechs Monaten wandert ein Hoden oft noch spontan in den Hodensack hinein. Die Aussichten sind gut, dass Anton keinerlei Therapie benötigt.

Hormonbehandlung mit Nasenspray

Nicht abgestiegene Hoden allerdings sollten ab dem Alter von sechs Monaten behandelt werden, um Schädigungen des Hodengewebes zu vermeiden. Zunächst sollte eine vierwöchige Behandlung mit hormonhaltigen Nasensprays (GnRH) ver­sucht werden. Dazu wird dreimal täglich ein Hub in jedes Nasenloch gesprüht. Bei etwa 20 % der Jungen ist diese Therapie erfolgreich.

Allerdings kommt es bei einem Viertel von ihnen – nach zunächst erfolgreicher Behandlung – innerhalb von sechs Monaten zu einem Rückfall. Diese Kinder können dann noch mit humanem Choriongonadotropin (hCG) behandelt werden. Dieses Hormon wird einmal wöchentlich intramuskulär über die Dauer von drei Wochen verabreicht. Etwa 20 % der Kinder sprechen auf diese Therapie an.

Generell sind die Erfolgsraten der medikamentösen Hormontherapien umso höher, je näher der Hoden am Hodensack liegt. Als Nebenwirkung der Hormonbehandlungen kann der Penis vorübergehend an Größe zunehmen. Auch sind die Kinder häufig verstärkt körperlich aktiv. Bleibende Nebenwirkungen haben beide Hormonbehandlungen jedoch nicht.

Möglichst früh operieren

Jungen, die nicht auf eine Hormontherapie ansprechen oder älter als zwölf Monate sind, sollten direkt operiert werden. Denn ein Hodenhochstand birgt gravierende Gefahren. So ist das Risiko, im späteren Leben einen bösartigen Hodentumor zu entwickeln, achtfach erhöht. Derartige Tumoren treten meist im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auf. Dr. med. Anne Schulze Everding, Ärztin für Kinderheil­kunde und Jugendmedizin