Angeborene Herzfehler

Geräusche, die da nicht hingehören

Weltweit wird eines von 100 Kindern mit einem Herzfehler geboren. Nicht alle werden sofort entdeckt. Ein Screening soll das ändern.

Die Freude ist groß als klein Anna die Welt erblickt. Doch beim Abhören der Herztöne erkennen die Ärzte schnell, dass bei dem Neugeborenen etwas nicht stimmt. Anna hat einen angeborenen Herzfehler. In der Regel werden diese bereits während der Schwangerschaft festgestellt. Doch trotz Ultraschalldiagnostik während der Schwangerschaft und trotz guter Untersuchung im Rahmen der U1-Vorsorgeuntersuchung unmittelbar nach der Geburt werden nicht alle Kinder mit angeborenen schweren Herzfehlern erkannt.

Extra-Screening ist freiwillig

Denn nicht zwangsläufig fallen diese Neugeborenen durch ein Herzgeräusch oder durch eine bläuliche Verfärbung der Haut auf. Auch eine leichte Untersättigung des Blutes mit Sauerstoff als Hinweis auf einen schweren Herzfehler kann ein erfahrener Arzt nicht sehen.

In Deutschland wird daher seit einiger Zeit am zweiten Lebenstag das Pulsoxymetrie-Screening angeboten. Ein Lichtsensor am Fuß misst dabei den Sauerstoffgehalt des durchströmenden Blutes. Die Messung ist nicht schmerzhaft, es muss kein Blut abgenommen werden und der Wert liegt innerhalb weniger Sekunden vor.

Betroffene Säuglinge fallen durch eine erniedrigte Sauerstoffsättigung im Blut unter 96% auf. Mit Hilfe der Pulsoxymetrie lassen sich 75% der Kinder mit angeborenem Herzfehler frühzeitig erkennen.

Fehlbildungen frühzeitig behandeln

Weltweit zählen Herzfehler zu den häufigsten Fehlbildungen bei Neugeborenen. Das Krankheitsspektrum reicht von kleinen Löchern in der Herzscheidewand, die durch ein lautes Strömungsgeräusch auffallen und sich oft von selbst verschließen, bis hin zu komplexen Fehlbildungen des Herzens, die ein bis mehrere Herzoperationen am offenen Herzen erforderlich machen. Je früher schwere Fehlbildungen am Herzen oder seinen Gefäßen behandelt werden, desto größer ist die Chance, dass das Kind überlebt und sich normal entwickelt.

Bei bestimmten Herzfehlern ist eine Herztransplantation, manchmal sogar eine Überbrückung durch eine Behandlung am Kunstherzen, notwendig.Mit der Entwicklung der Herz-Lungen-Maschine ist eine Korrektur von Herzfehlern unter Aufrechterhaltung eines Kreislaufs möglich.

Die Maschine ersetzt die Funktion von Herz und Lunge. Das heißt, das Blut wird mit Sauerstoff versorgt und durch den Körper gepumpt. Das Blut wird vor und nach dem Herzen durch großkalibrige Kanülen, die in die herznahen Gefäße eingelegt werden, abgeleitet, so dass das Herz des Patienten während der Operation aus dem Kreislauf ausgeschaltet ist. So ist zum Beispiel der Ersatz von Herzklappen oder das Einnähen von Flicken möglich.

Risiken der Herz-Lungen-Maschine sind Störungen der Blutgerinnung wie erhöhte Blutungsneigung oder eine Thrombosebildung. Das liegt daran, dass die Schläuche der Herz-Lungenmaschine das Gerinnungssystem aktivieren. Werden dann keine Mittel zur Blutverdünnung gegeben, bilden sich an den Membranen gefährliche Blutgerinnsel. Es muss daher immer eine Balance zwischen Blutung auf der einen Seite und Thrombosebildung auf der anderen Seite gefunden werden.

Um den Operationszeitpunkt herum sind weitere Komplikationen möglich, wie Infektionen, Störungen der Wundheilung und des Herzrhythmus sowie Abstoßungsreaktionen nach einer Transplantation.

Gute Chancen alt zu werden

Trotz dieser Risiken erreichen mittlerweile 95% der Kinder mit angeborenen Herzfehlern das höhere Erwachsenenalter. Sie bedürfen in vielen Fällen aber weiterhin kardiologischer Kontrolluntersuchungen. Im Langzeitverlauf können öfter als bei ganz gesunden Herzen eine Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis), Herzrhythmusstörungen, ein Lungenhochdruck oder eine Herzschwäche auftreten.

Für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) gibt es mittlerweile viele EMAH-Zentren an Universitätskliniken, beispielsweise auch in Münster am UKM, wo erwachsene Patienten mit angeborenen Herzfehlern interdisziplinär betreut werden und viel Erfahrung mit diesen teilweise sehr seltenen Krankheitsbildern besteht.

Pulsoxymetrie deckt nicht alles auf

Wird die Pulsoxymetrie bei 10  000 Babys durchgeführt, ist bei 13 Kindern das Ergebnis auffällig. Bei positivem Befund muss das Herz mit dem Utraschallgerät untersucht werden.
Bei drei Neugeborenen lässt sich ein schwerer angeborener Herzfehler feststellen, bei zehn Kindern ist der Sauerstoffwert aus anderen Gründen erniedrigt. So kann der erniedrigte Sauerstoffwert beispielsweise durch eine Infektion oder Lungenproblematik verursacht sein. Dies ist weiter abzuklären.

Leider hat aber auch eines von 10  000 Kindern einen angeborenen schweren Herzfehler, der trotz Pulsoxymetrie nicht entdeckt wird.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie auf den Gesundheitsseiten der Wochenblattausgabe 35/2018.

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